Mittlerweile hat sich die Terminologie in den Gleichstellungsgesetzen verändert. Es ist, zumindest terminologisch gesehen, eine deutliche Tendenz weg von der Frauenförderung hin zur Geschlechtergleichstellung vollzogen worden.
Im Rahmen der Reform der Gleichstellungsgesetze war immer wieder die Frage „Mit oder ohne Männer?“ relevant. Hierunter verbirgt sich das strittige Thema, ob männliche Beschäftigte ein aktives oder ein passives Wahlrecht bekommen sollten oder auch zum Gleichstellungsbeauftragten bestellt werden können. Durchgesetzt hat sich dies beispielsweise in Hamburg: Hier können mittlerweile explizit Männer bestellt werden, allerdings nur im Tandem mit einer Frau als Gleichstellungsbeauftragte oder Stellvertreterin. In Bayern können von jeher auch Männer als Gleichstellungsbeauftragte bestellt werden. In Thüringen dürfen Männer wählen (siehe hierzu genauer auf Seite 3 sowie Ausführungen zu den jeweiligen Gesetzen).
Sprachlich ist in den Frauengleichstellungsgesetzen nun überwiegend von der Gleichstellungsbeauftragten und nicht mehr von der Frauenbeauftragten die Rede. Nur in wenigen Gesetzen findet sich noch der Begriff der Frauenbeauftragten, wie z. B. in Bremen, im Saarland und in Sachsen. In Berlin heißt die Gleichstellungsbeauftragte nach wie vor „Frauenvertreterin“, in Baden-Württemberg ist es bei der „Chancengleichheitsbeauftragten“ geblieben und in Hessen finden sich beide Bezeichnungen, hier wird von der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten gesprochen.
Ganz überwiegend sehen die Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder noch keine Förderregelungen für Männer vor. Die Ausnahme bilden hier jedoch das Bundesrecht, Niedersachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.
Im Bundesgleichstellungsgesetz ist zur Bevorzugung von Männern eine Besonderheit zu finden: Männer sind immer dann zu bevorzugen, wenn sie durch strukturelle Diskriminierung unterrepräsentiert sind. Die Quotenregelung knüpft also nicht an die bloße oder zufällige Unterrepräsentanz von Männern an, sondern an die, die durch strukturelle Diskriminierung entstanden ist. Eine gleichlautende Regelung findet sich in Mecklenburg-Vorpommern; sie ist jedoch sowohl für Frauen als auch für Männer eingeführt worden. Thüringen und Niedersachsen knüpfen die Bevorzugung jeweils an den Begriff des unterrepräsentierten Geschlechts an.
Nach wie vor ist es so, dass nur in Bezug auf die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Erwerbstätigkeit auch Männer in Gleichstellungspläne und Gleichstellungskonzepte einzubeziehen sind. Die überwiegenden Gesetze sehen hier also noch keinen echten Gleichstellungsbedarf im engeren Sinne für Männer.
Im Bundesrecht ist dies allerdings anders. Hier sind Männer in Bezug auf die Zielvorgaben der Gleichstellungspläne einzubeziehen, wenn sie unterrepräsentiert sind.
Auch in Thüringen und Niedersachsen sind Zielvorgaben für Männer da vorzusehen, wo sie unterrepräsentiert sind, in Mecklenburg-Vorpommern jedoch nur, wenn sie durch strukturelle Diskriminierung unterrepräsentiert sind.
Eine Stärkung der Rechte für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte wurde in beinahe allen Reformprozessen diskutiert und teilweise auch installiert (siehe hierzu genauer auf den Seiten 3 bis 8). Beispielhaft können Sie dies der folgenden Übersicht für das Bundesrecht entnehmen.
Übersicht (Bundesrecht): Stärkung der Rechte für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte
In Bund und Ländern gibt es recht unterschiedliche Vetorechte mit einer sehr unterschiedlichen Qualität. Es gibt Vetorechte mit oder ohne Beteiligung der nächsthöheren Dienststellenleitung. Diese Vetorechte sind überwiegend unverändert geblieben.
Im Saarland wurde ein neues Instrument eingeführt: Nach dem Widerspruchsverfahren muss vor der Klageerhebung zunächst ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden.
Im Rahmen der Reform sind die Klagebefugnisse der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in vielen Gesetzen installiert worden. Es gab diese bisher nur im Bundesrecht, in Bremen, in Berlin sowie durch Gerichtsbeschluss in Schleswig-Holstein. In den Ländern Thüringen, Saarland, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen ist eine Klagebefugnis neu in die Gesetze aufgenommen worden. Keine Klagebefugnis gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Baden-Württemberg.
Über die Bundesreform wurde heftig und engagiert diskutiert. Aus meiner Sicht ist sie rechtstechnisch verunglückt und auch frauenpolitisch nicht gerade ein Fortschritt. Ich finde, es gibt derzeit noch keinen Bedarf für Bevorzugungsregelungen oder Fördermaßnahmen für Männer – ausgenommen in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.
Insgesamt sind in einigen Ländern die Vetorechte immer noch unzureichend ausgestaltet. Wenn die Dienststelle beispielsweise erneut über einen Widerspruch entscheidet, wie es in Hamburg der Fall ist, kann sich die Betroffene im Voraus ausrechnen, wie die Entscheidung ausgehen wird.
Gleiches gilt für die Klagebefugnis: In allen Gesetzen ist die Klagebefugnis beschränkt auf eine Verletzung der Rechte der Gleichstellungsbeauftragten oder darauf, dass kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan aufgestellt worden ist. Die Verletzung des materiellen Rechts ist nach wie vor nicht klagefähig. Wird beispielsweise nicht ausgeschrieben oder der Gleichstellungsplan nicht befolgt, so können Sie als Gleichstellungsbeauftragte nach wie vor keine Klage erheben. Das scheint mir einer der wesentlichen Defizite der Reform. Insoweit fehlt es hier an Sanktionen, wenn inhaltliche Regelungen von der Dienststellenleitung verletzt werden.
Fazit
Die Schnecke Gleichberechtigung kriecht jedenfalls nicht rückwärts
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Reformen einige Fortschritte gebracht haben, insbesondere dass sich die Klagebefugnis anscheinend immer mehr durchsetzt. In wesentlichen Punkten, wie etwa bei den Sanktionen im Fall von Verstößen gegen das Gleichstellungsgesetz, weisen die überwiegenden Gesetze nach wie vor einen erheblichen Mangel auf.
Bereits in der Themenausgabe 11/2015 von „Gleichstellung im Blick“ habe ich ausführlich über die Reform des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) berichtet. Hier habe ich Ihnen die wichtigsten Änderungen (keineswegs abschließend) zusammengestellt.
Bei der Reform BGleiG gab es heftige Diskussionen, weil der Bundesgesetzgeber zunächst vorsah, auch Männer in gleicher Weise wie Frauen in die Regelungen zur Förderung einzubeziehen. Das konnte politisch abgewendet werden.
Tatsächlich wurde aber als Überbleibsel dieser Diskussion der Begriff der strukturellen Diskriminierung (von Männern) eingeführt und findet sich in den Fördermaßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern wieder (beispielsweise bei der Quotenregelung). Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern sieht das BGleiG dann vor, wenn Männer durch strukturelle Diskriminierung unterrepräsentiert sind. Was strukturelle Diskriminierung aber tatsächlich bedeutet, lässt das BGleiG offen (siehe hierzu aber Seite 5, es wurde in Mecklenburg-Vorpommern im Gesetz definiert).
Ich verstehe unter einer strukturellen Diskriminierung eine Benachteiligung, die dadurch entsteht, dass Vorurteile und Rollenzuweisungen in einer Gesellschaft immer noch existieren und das eine oder andere Geschlecht Nachteile durch diese Vorurteile und Rollenzuweisungen hat.
Bei Männern wäre dies beispielsweise der Fall, wenn sie im Erziehungsbereich tatsächlich wegen Vorurteilen nicht eingestellt oder befördert werden. „Männer können das nicht!“, könnte hier das Vorurteil lauten. Ob das aber heute tatsächlich noch so ist, erscheint mir doch mehr als zweifelhaft. Ich gehe eher davon aus, dass Männer dort „mit Kusshand“ genommen werden und heute gar keine strukturelle Diskriminierung mehr erfahren. In der Vergangenheit mag das allerdings anders ausgesehen haben.
Meine Empfehlung
Strukturelle Diskriminierung von Männern gibt es nicht
Verschwenden Sie keine Gedanken an die strukturelle Diskriminierung von Männern. Selbst die Bundesregierung hat auf eine Anfrage hin erklärt, dass es keine strukturelle Diskriminierung von Männern gibt. Daher können Sie das Thema in der Regel vernachlässigen.
Eine wichtige Neuerung im BGleiG ist weiterhin, dass der Gleichstellungsplan nunmehr Zielvorgaben und Fördermaßnahmen für Frauen und auch für Männer im Gleichstellungsbereich wie auch für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Erwerbstätigkeit vorsehen muss. Hier werden Sie als Gleichstellungsbeauftragte besonders gefordert sein. Fördermaßnahmen sind da vorzusehen, wo Unterrepräsentanz von Frauen bzw. Männern vorliegt. Auf strukturelle Diskriminierung kommt es hier nicht an.
Meine Empfehlung
Denken Sie daran: Dienststelle muss den Gleichstellungsplan erstellen
Behalten Sie immer im Blick, dass die Dienststellenleitung den Gleichstellungsplan erstellen muss. Und insoweit auch das Problem der „Männerförderung“ zu lösen hat.
Im Rahmen Ihrer Rechte, Kompetenzen und Aufgaben als Gleichstellungsbeauftragte, Stellvertreterin oder Vertrauensfrau hat der Bundesgesetzgeber mit der Reform des BGleiG mehr Klarheit geschaffen. Ausdrücklich sind heute die Aufgaben der Stellvertreterinnen und der Vertrauensfrauen in § 26 BGleiG geregelt. Er hat zudem das Hierarchieverhältnis zwischen Gleichstellungsbeauftragter, Stellvertreterinnen und Vertrauensfrauen klargestellt: Die Gleichstellungsbeauftragte hat stets den Hut in Sachen Gleichstellung auf (weitere Rechte, die gestärkt wurden, finden Sie in der Übersicht auf Seite 2).
Erwähnenswert ist auch, dass nunmehr klargestellt wurde, was eine frühzeitige Beteiligung bedeutet. Hier hat der Gesetzgeber in § 27 BGleiG eine Legaldefinition für die frühzeitige Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten gegeben: Frühzeitig heißt hiernach, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte mit Beginn des Entscheidungsprozesses aufseiten der Dienststelle beteiligt werden und die jeweilige Entscheidung oder Maßnahme noch gestaltungsfähig ist.
In § 32 BGleiG hat der Gesetzgeber das Beteiligungsverfahren konkreter ausgestaltet und geregelt, dass Sie Ihr Votum innerhalb von 10 Arbeitstagen abzugeben haben. Demgegenüber hat die Dienststelle zur Entscheidung über das Votum eine Frist von 15 Arbeitstagen zu beachten.
Im neuen BGleiG findet sich nun auch ein Verfahren, wie mit Ihren Initiativanträgen umzugehen ist (§ 32 BGleiG). Ihre Dienststelle muss nun über Ihren Initiativantrag innerhalb von einem Monat entscheiden. Sie kann hiervon nur in Ausnahmefällen abweichen.
Fazit
Reform hat nicht hinreichenden Fortschritt gebracht
Die Reform des BGleiG hat durchaus einige interessante Neuerungen gebracht, der „große Wurf“ wurde hier aber nicht gemacht. Nach wie vor besteht Reformbedarf, wie bereits auf den Seiten 1 bis 2 ausgeführt. Insbesondere die nun neu eingeführte „Männerförderung“ scheint mehr als überflüssig und unangebracht. Kritisiert wird von Gleichstellungsbeauftragten in der Praxis durchaus auch, dass die Wahl mehrerer Stellvertreterinnen zu starken Konflikten führt.
Der Gesetzgeber in Thüringen hat sein Gleichstellungsgesetz umfassend reformiert. Als einer der wenigen stellt der Gesetzgeber in Thüringen konsequent auf die Förderung von Frauen und Männern ab. Insoweit profitieren in Thüringen Frauen und Männer in gleicher Weise von Fördermaßnahmen bzw. von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
In Thüringen knüpfen Fördermaßnahmen konsequent an den Begriff des unterrepräsentierten Geschlechts an. Bei Ausschreibungen sind Frauen wie Männer in gleicher Weise anzusprechen. Ist allerdings ein Geschlecht unterrepräsentiert, ist es besonders zur Bewerbung aufzufordern. Männer sind, wenn sie unterrepräsentiert sind, bei der Bewerberauswahl in gleicher Weise einzuladen wie Frauen, wenn diese unterrepräsentiert sind. Die Quotenregelung bezieht sich auf beide Geschlechter gleichermaßen, wie etwa bei Förderregelungen bei der Fortbildung bzw. beim Gleichstellungsplan. Der Gesetzgeber knüpft hier konsequent an das unterrepräsentierte Geschlecht an und fördert dieses: also Frauen wie Männer gleichermaßen.
Interessanterweise können aber in Thüringen nur Frauen zur Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterin gewählt bzw. als Vertrauensfrau bestellt werden. Männer sind jedenfalls nach dem Wortlaut des § 15 Thüringisches Gleichstellungsgesetz (ThürGleichG) von der Wählbarkeit offenbar ausgeschlossen, dürfen aber wählen. Insoweit erscheint es logisch, dass das ThürGleichG nicht vorsieht, dass Frauenversammlungen durchgeführt werden, sondern eine Versammlung aller Beschäftigten.
In Thüringen entscheidet die nächsthöhere Dienststelle über den Einspruch einer Gleichstellungsbeauftragten einer nachgeordneten Behörde. Neu in das Gesetz aufgenommen wurde die Klagebefugnis:
Sie können in Thüringen Klage erheben, wenn Ihre Rechte als Gleichstellungsbeauftragte verletzt wurden oder kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan aufgestellt wurde. Vorweg muss aber der Einspruch erfolglos geblieben und ein außergerichtlicher Einigungsversuch unternommen worden sein, der gescheitert ist.
In Hamburg gab es zwar bisher auch ein Frauengleichstellungsgesetz. Dies machte seinem Namen allerdings wenig Ehre, da das Frauengleichstellungsrecht dort sehr minimalistisch ausgestaltet war. Mit der Reform des Hamburgischen Gleichstellungsgesetzes (HmbGleichstG) aus 2014 hat der Gesetzgeber nunmehr ein Gesetz geschaffen, das dem Standard der übrigen Ländergesetze und dem Bundesgesetz zumindest ähnlich ist und insoweit angemessener erscheint.
Wie in Thüringen berücksichtigt auch der Hamburger Gesetzgeber sowohl Frauen als auch Männer bei Fördermaßnahmen. Beispielsweise wird im Rahmen der Quotenregelung oder auch bei der Regelung zur Ausschreibung immer vom „unterrepräsentierten Geschlecht“ gesprochen, dem jeweils unter bestimmten Voraussetzungen der Vorrang einzuräumen ist.
Neu müssen jetzt auch in Hamburg im öffentlichen Dienst Gleichstellungsbeauftragte überhaupt bestellt werden. Dies war in der bisherigen Regelung nicht der Fall: Hier konnte die Dienststelle eine Frauenbeauftragte bestellen, musste es aber nicht.
Eine Besonderheit in Hamburg ist, dass die Hälfte der bestellten Gleichstellungsbeauftragten und Stellvertreterinnen der jeweiligen Dienststelle weiblich sein müssen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Männer für die andere Hälfte bestellt werden können.
Die Rechts- und Aufgabenstellung der Gleichstellungsbeauftragten in Hamburg entspricht im Wesentlichen der Rechts- und Aufgabenstellung der Gleichstellungsbeauftragten in den übrigen Ländergesetzen.
Wie in den überwiegenden Gesetzen hat sie ein Beteiligungsrecht an allen personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten in der Dienststelle. Ebenso ist sie unverzüglich und umfassend zu unterrichten und im Planungsstadium von Maßnahmen bereits zu beteiligen.
Eine Klagebefugnis hat die Gleichstellungsbeauftragte in Hamburg jedoch nach dem Gesetz nicht – hier müsste geklärt werden, ob sich diese nicht bereits aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht ergibt. Dies wird die Rechtsprechung zeigen, ich werde ggf. hierzu berichten.
Fazit
Hamburg hat Gleichstellungsstandards angepasst
Hamburg hat, was die Qualität des HmbGleichstG angeht, nachgezogen und im Rahmen der Reform wenigstens Mindeststandards, die es in der Bundesrepublik Deutschland schon sehr lange gibt, eingeführt. Problematisch ist aus meiner Sicht allerdings die Tandemlösung, nämlich dass auch Männer Teil des Gleichstellungsteams werden können und dass das Gesetz in Hamburg für beide Geschlechter anzuwenden ist. Der Frauenfördergedanke – immer noch aktuell aufgrund der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen – wird hierdurch stark verwässert.
Ein spezieller Ansatz im Rahmen der Reformen der Frauengleichstellungsgesetze findet sich in Mecklenburg-Vorpommern. Anders als in anderen Gleichstellungsgesetzen greifen hier grundsätzlich nur Fördermaßnahmen, wenn eine Unterrepräsentanz durch strukturelle Diskriminierung bei einem Geschlecht vorliegt.
Anders als das Bundesrecht gibt Mecklenburg-Vorpommern in § 3 Ziffer 2 Landesgleichstellungsgesetz (LGG) eine Legaldefinition für den Begriff der strukturellen Benachteiligung. Die sieht wie folgt aus:
„Strukturelle Diskriminierung: Ist das Ergebnis einer Diskriminierung von Frauen oder Männern aufgrund von vorherrschenden Strukturen der Gesamtgesellschaft und damit einhergehenden Rollenbildern und Vorurteilen gegenüber Beschäftigten des unterrepräsentierten Geschlechts. Ist in einer Beschäftigungsgruppe der Anteil des einen Geschlechts in den Eingangsämtern deutlich höher als in der entsprechenden Führungsebene, so kann auf eine strukturelle Benachteiligung dieses Geschlechts rückgeschlossen werden.“
Die Legaldefinition, die der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern gegeben hat, erscheint auf den ersten Blick nicht gerade einfach. Es wird abzuwarten sein, was hier die Rechtsprechung dazu weiter ausführt.
Diesem Grundsatz folgend richten sich die Fördermaßnahmen z. B. zur Ausschreibung, zu Vorstellungsgesprächen, zu Auswahlentscheidungen sowie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Mecklenburg-Vorpommern stets an das unterrepräsentierte Geschlecht bzw. an Beschäftigte mit Familienaufgaben.
Wählbar und wahlberechtigt sind in Mecklenburg-Vorpommern nur Frauen für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten. Ihre Beteiligungsrechte als Gleichstellungsbeauftragte entsprechen im Wesentlichen den weitgehenden Regelungen der übrigen Ländergesetze. Vertrauensfrauen sind allerdings in Mecklenburg-Vorpommern nicht vorgesehen.
Sie haben als Gleichstellungsbeauftragte in Mecklenburg-Vorpommern keine Klagebefugnis. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Ihre Rechte mit der Beanstandung enden. Hier sind Sie darauf verwiesen, ggf. eine Klagebefugnis im Rahmen des allgemeinen Verwaltungsrechts gerichtlich klären zu lassen.
Fazit
Interessanter Ansatz bei der Reform
Interessant ist der Ansatz in Mecklenburg-Vorpommern, Fördermaßnahmen an das Vorhandensein struktureller Diskriminierung zu knüpfen, die nach der Definition festgestellt werden muss. Hier dürfte zumindest ein psychologischer Effekt zu erwarten sein: Wer will sich schon nachsagen lassen, dass in der Dienststelle strukturelle Diskriminierung existiert?
Als eines der wenigen Länder setzt das Saarland im Landesgleichstellungsgesetz (LGG) immer noch auf Frauenförderung und bleibt auch sprachlich konsequent dabei. Es gibt nach wie vor Frauenbeauftragte und das LGG richtet sich im Wesentlichen und ganz ausdrücklich ausschließlich an Frauen. Aus meiner Sicht ein begrüßenswerter Ansatz, erscheint mir doch Männerförderung derzeit noch klar entbehrlich.
Die Frauenbeauftragte wird nach wie vor im Saarland von den weiblichen Beschäftigten in der Dienststelle gewählt, es sind auch nur Frauen wählbar.
Ein Schwerpunkt der Reform des LGG Saarland lag nach meiner Einschätzung auf der Stärkung der Rechte der Frauenbeauftragten. Auch hier wurde nunmehr die Möglichkeit eingeführt, dass mehr als eine Stellvertreterin bestellt werden darf. Dies bezieht sich auf Dienststellen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.
Sie als Frauenbeauftragte werden im Rahmen Ihrer Tätigkeit häufiger freizustellen sein, als dies bisher der Fall war. Die Regelung knüpfte bisher an die Zahl der wahlberechtigten Beschäftigten (Frauen) an, sodass in vielen Dienststellen eine Freistellung gar nicht erfolgen musste. Nunmehr knüpft das Gesetz an die Beschäftigtenzahl an.
Ein sehr wesentlicher Fortschritt des LGG Saarland ist, dass neben dem Widerspruchsverfahren nunmehr auch ein Schlichtungsverfahren eingeführt wurde. Sie können hier also immer dann, wenn Ihr Widerspruch nicht erfolgreich war, eine Schlichtungsstelle anrufen. Diese versucht, die Angelegenheit gütlich zu regeln. Damit kann möglicherweise ein gerichtliches Klageverfahren vermieden werden.
Gelingt eine gütliche Einigung trotz aller Bemühungen auch mithilfe der Schlichtungsstelle nicht und wurde das Scheitern der Einigung schriftlich festgestellt, so können Sie als Frauenbeauftragte im Saarland – wie nach vielen Landesgesetzen und dem Bundesgesetz – Klage beim Verwaltungsgericht zur Klärung der Angelegenheit einreichen. Eine Klage kann hier darauf gestützt werden, dass Ihre Rechte als Frauenbeauftragte verletzt wurden oder kein dem Gesetz entsprechender Frauenförderplan erstellt worden ist.
Eines der älteren Gesetze, das Hessische Gleichberechtigungsgesetz (HGLG), wurde nun auch auf den neuesten Stand gebracht. Schwerpunkte des Gesetzes sind neben der beruflichen Förderung von Frauen insbesondere in Führungs- und Leitungsfunktionen auch die Förderung der Beschäftigten mit Familienaufgaben. Was sich hier getan hat, lesen Sie im Folgenden:
Der hessische Gesetzgeber hat als Einziger bundesweit nunmehr den Begriff der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten eingeführt. Hessische Gleichstellungsbeauftragte können zwischen den Bezeichnungen wählen, wenn die Dienststellenleitung damit einverstanden ist. Die frühere Frauenbeauftragte wurde somit umbenannt.
Der Gesetzgeber hat hiermit – nach seiner Begründung – dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beauftragten tatsächlich die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Blick haben sollen – neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die neue Begrifflichkeit spiegelt sich auch in den weiteren Regelungen des HGLG wider. Grundsätzlich sind jetzt Frauenförder- und Gleichstellungspläne aufzustellen. Allerdings kann auch hier der eine oder andere Begriff gewählt werden, wie beispielsweise Gleichstellungsplan, dies aber nur im Einvernehmen mit der zuständigen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.
In Hessen wurde neu geregelt, dass die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte keiner Personalvertretung angehören darf. Dies fand sich in den meisten Frauengleichstellungsgesetzen ohnehin schon, Hessen hat hier schlicht nachgezogen.
Der Schwellenwert für die Freistellung der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Hessen wurde im Rahmen der Reform weiter modifiziert. Mittlerweise können Sie auch in Hessen in Dienststellen mit 150 bis 300 Beschäftigten eine Freistellung beanspruchen. Diese beträgt mindestens 25 % einer Vollzeitstelle.
Ausdrücklich regelt das hessische Gesetz die Möglichkeit, dass als Mitarbeitende im Gleichstellungsbüro auch Männer in Betracht kommen können und diese der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zuzuordnen sind. Die Auswahl eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin wurde daneben ausdrücklich in das Benehmen der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten gestellt.
Neu wurde in das Gesetz eingeführt, dass ggf. in sehr großen Dienststellen (mit über 2.000 Beschäftigten) über die bisherige Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte und Stellvertreterin hinaus Stellenanteile für eine weitere Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte oder eine Stellvertreterin zur Verfügung zu stellen sind. Maßstab ist hierbei, ob dies notwendig ist, um einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb zu gewährleisten.
Klargestellt hat der hessische Gesetzgeber nun in § 22 HGLG, dass das Amt der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten endet, wenn die Dienststelle aufgelöst oder in eine andere Dienststelle eingegliedert wird.
Neu eingeführt wurde in Hessen endlich die Klagebefugnis der Frauen-und Gleichstellungsbeauftragten. Wie in anderen Gesetzen auch kann die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte das Verwaltungsgericht anrufen, wenn ihr Widerspruch erfolglos geblieben ist.
Sie können daher heute als Gleichstellungsbeauftragte in Hessen eine Klage darauf stützen, dass Ihre Rechte als Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte aus dem HGLG verletzt worden sind oder kein dem Gesetz entsprechender Frauenförder- und Gleichstellungsplan von der Dienststelle aufgestellt worden ist.
Auch in Hessen können Sie sich daneben eines sogenannten Untätigkeitsantrag bedienen. Dieser kann gestellt werden, wenn über Ihren Widerspruch nicht fristgemäß entschieden worden ist und auch eine Nachfrist von mindestens 2 Wochen – unter Androhung der Klage – nicht zu einer Entscheidung geführt hat.
Meine Empfehlung
Nachfrist unbedingt setzen
Da in Hessen für eine Untätigkeitsklage ein bestimmtes Verfahren angeordnet worden ist, müssen Sie unbedingt darauf achten, dieses auch einzuhalten. Vergessen Sie nicht, die Nachfrist zu setzen. Ansonsten ist ein Untätigkeitsantrag unzulässig.
Fazit
Reform in Hessen könnte weitgreifender sein
Trotz aller neuen Regelungen hat der hessische Gesetzgeber es leider versäumt, das Widerspruchsrecht umfassend auszugestalten.
Das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) Rheinland-Pfalz richtet sich nach wie vor nur an Frauen und nicht an Männer, ausgenommen die Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es wurde aber mittlerweile an den Gleichstellungsstandard anderer Gesetze angepasst und entspricht im Wesentlichen den Frauengleichstellungsgesetzen des Bundes und der anderen Länder.
In Rheinland-Pfalz wurden die Regelungen zu Ihren Befugnissen und Rechten als Gleichstellungsbeauftragte stark modifiziert und erweitert. Es wurde z. B. neu ein nicht abschließender Katalog zu Ihrer Beteiligung aufgenommen und auch ein Initiativrecht ausdrücklich geregelt.
Auch die Rechtsposition der Stellvertreterin wurde explizit in einer eigenen Norm neu klargestellt und die Möglichkeit der Aufgabenübertragung an die Stellvertreterin gesetzlich festgeschrieben.
Im LGG Rheinland-Pfalz wurden neu Ansprechpartnerinnen in Außenstellen und weit entfernten Teilen der Dienststelle installiert. Diese übernehmen die Vermittlungsposition wie eine Vertrauensfrau, die sich beispielsweise im Bundesgleichstellungsgesetz findet. Beschäftigte können sich an die Ansprechpartnerin wenden. Diese gibt das Anliegen dann an die Gleichstellungsbeauftragte weiter.
Auch in Rheinland-Pfalz wurde nunmehr eine Klagebefugnis eingeführt. Sie als Gleichstellungsbeauftragte können sich, ohne vorweg noch einen außergerichtlichen Einigungsversuch unternehmen zu müssen, unmittelbar an das Verwaltungsgericht wenden, wenn Sie in Ihren Rechten verletzt worden sind.
Anders als in anderen Gleichstellungsgesetzen ist hier keine Klagebefugnis vorgesehen, wenn Sie feststellen, dass kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan aufgestellt worden ist.
Auch in Brandenburg richtet sich das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) ausschließlich an Frauen. Männer können von Fördermaßnahmen nicht profitieren, außer wenn es sich um Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf handelt.
Modifiziert wurde in Brandenburg das Recht der Gleichstellungsbeauftragten auf Teilnahme an Besprechungen der Dienststellenleitung sowie an Sitzungen und Konferenzen ihrer Dienststelle. Hier wurde die „aktive“ Teilnahme geregelt, neuerdings auch an Führungsklausuren. Voraussetzung ist hierbei wie bisher, dass im Rahmen dieser Besprechungen bzw. Planungen Gleichstellungsbezug besteht.
Anmerkung
Modifizierung entspricht der Rechtsprechung des BVerwG
Der Gesetzgeber hat hiermit die bestehende Regelung in Brandenburg wohl an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur aktiven Teilnahme an den Führungsklausuren angepasst.
Neu eingeführt wurde eine sogenannte Landesgleichstellungsbeauftragte (nach § 19a LGG Brandenburg), die zu bestellen ist. Das für die Gleichstellung von Frauen und Männern zuständige Mitglied der Landesregierung bestellt in seinem Geschäftsbereich für die Dauer einer Wahlperiode auf Grundlage des Beschlusses der Landesregierung eine Landesbeauftragte für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Diese unterstützt die Gleichstellungsbeauftragten sowie alle Dienststellen im Geltungsbereich des Gesetzes. Die Landesgleichstellungsbeauftragte kann bei Meinungsverschiedenheiten in Behörden in beratender Funktion hinzugezogen werden.
Die Landesbeauftragte kooperiert mit Frauenverbänden und öffentlichen sowie nichtöffentlichen Stellen aller Art. Außer in Brandenburg gibt es diese bereits seit Jahrzehnten in Bremen.
Nach wie vor ist das Vetorecht in Brandenburg eingeschränkt geblieben. Sie können als Gleichstellungsbeauftragte nur Widerspruch einlegen, wenn eine Maßnahme gegen das LGG verstößt, nicht aber, wenn die Maßnahme anderen die Gleichstellung betreffenden Gesetzen zuwiderläuft. Insoweit ist die Reichweite des Vetorechtes begrenzt. In seiner Qualität ist das Beanstandungsrecht aber dennoch weitgehend. Letztentscheider über einen Widerspruch ist die nächsthöhere Dienststellenleitung.
Neu eingeführt wurde auch hier die Befugnis, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte Klage erheben dürfen. In § 23a LGG Brandenburg wurde das gerichtliche Verfahren neu installiert. Bleibt Ihr Widerspruch erfolglos, können Sie Klage erheben. Allerdings nur, wenn es bei Ihrem Widerspruch um die Verletzung Ihrer Rechte ging oder Sie moniert haben, dass kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan von der Dienststellenleitung aufgestellt wurde.
Als bisher letztes Gesetz (Stand Redaktionsschluss August 2017) wurde das Landesgleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (LGG NRW) reformiert. Auch in Nordrhein-Westfalen richten sich die Förderregelungen ausschließlich an Frauen, und nicht an Männer. Die Vereinbarkeitsregelungen gelten natürlich auch für männliche Beschäftigte.
In sprachlicher Hinsicht ist in Nordrhein-Westfalen ein Gleichstellungsplan zu erstellen, kein Frauenförderplan. Tatsächlich geht es aber um den Abbau von Unterrepräsentanzen von Frauen – und nicht von Männern – sowie um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle Beschäftigten. Neu ist in diesem Zusammenhang vorgesehen, dass andere Instrumente zur Erreichung der Gleichstellungsziele ergriffen werden können, alternativ zum Gleichstellungsplan. Dies wird als sogenannte Experimentierklausel bezeichnet (§ 6a LGG NRW).
Soll die Experimentierklausel oder ein anderes Instrument zur Verwirklichung der Gleichstellungsziele genutzt werden, müssen Sie als Gleichstellungsbeauftragte dem allerdings zustimmen. Ebenso wie die Stelle, die dem Gleichstellungsplan zustimmt.
Der Gesetzgeber hat daneben die Quotenregelung des § 7 LGG NRW umfassend umgestaltet und lässt als eine der wesentlichen Änderungen zu, dass beim beruflichen Aufstieg von Beschäftigten bei Anwendung der Bevorzugung von Frauen nicht mehr an die gleiche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung angeknüpft wird, sondern dass eine im Wesentlichen gleiche Qualifikation vorliegen muss. Das Beamtenrecht wurde hier ebenso entsprechend geändert.
Zu den Änderungen im Beamtenrecht hat es hinsichtlich der „im Wesentlichen gleichen Eignung“ diverse Gerichtsverfahren gegeben, die meist zur Nichtanwendung der gleichlautenden Quotenregelung im Beamtenrecht führten. Es bleibt abzuwarten, ob diese Quotenregelung im LGG NRW Bestand hat.
Auch in Nordrhein-Westfalen hat der Gesetzgeber die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten gestärkt. Zunächst einmal wurde in § 15 Abs. 3 bis 5 LGG NRW klargestellt, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte bei der Zusammenlegung von Dienststellen und bei der Teilung oder Aufspaltung einer Dienststelle ein Übergangsmandat von längstens 6 Monaten haben, bei einer Eingliederung Ihr Amt aber sofort endet.
Neu wurde auch klargestellt, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte über den Vorrang ihrer Aufgabenwahrnehmung entscheiden, und nicht etwa die Dienststelle. Ebenso wurde im Rahmen Ihrer Rechtsstellung nunmehr neu geregelt – bisher ergab sich dies nur aus dem Personalvertretungsrecht –, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte nicht in Personalunion als Personalrätin tätig sein dürfen.
Problematisch erscheint mir die Neufestlegung im Gesetz, dass Sie mindestens einmal jährlich an einer Fortbildung teilnehmen dürfen. Hier ist aus meiner Sicht ab der 2. Fortbildung, die Sie besuchen möchten, einer kontroversen Diskussion Tür und Tor geöffnet.
Auch Ihr Aufgabenbereich wurde nunmehr weiter beschrieben. Der Gesetzgeber hat hier den Aufgabenkatalog erweitert, es handelt sich aber hier nur um eine beispielhafte Aufzählung. Nach wie vor sind Sie allzuständig, d. h. in allen organisatorischen, sozialen und personellen Angelegenheiten, die Gleichstellungsbezug haben.
Eine aus meiner Sicht sehr spektakuläre Regelung findet sich in § 18 Abs. 3 LGG NRW. Danach ist jede Maßnahme rechtswidrig, an der Sie als Gleichstellungsbeauftragte hätten beteiligt werden müssen, aber nicht oder nicht rechtzeitig beteiligt wurden. Hier ist nun endlich einmal eine Rechtsfolge im Gesetz festgeschrieben worden, die weit über die bisherigen Regelungen hinausgeht.
Meine Empfehlung
Informieren Sie Ihren Arbeitgeber
Sie sollten Ihren Arbeitgeber unbedingt über diese neue gesetzliche Regelung informieren. Dies wird hoffentlich dazu führen, dass Ihre Beteiligung ernster genommen wird und Sie zukünftig nicht mehr schlicht „vergessen“ oder auch zu spät beteiligt werden.
Neu eingefügt wurde in das LGG NRW eine Regelung zum Rechtsschutz der Gleichstellungsbeauftragten. Sie können nunmehr in Nordrhein-Westfalen als Gleichstellungsbeauftragte Klage erheben. Wenn ein Widerspruchsverfahren gescheitert ist, Ihre Rechte verletzt worden sind oder aber kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan aufgestellt wurde bzw. ein unzureichendes alternatives Instrument nach § 6a LGG NRW eingesetzt wurde, können Sie das Gericht anrufen. Die Kosten hierfür hat die Dienststelle zu tragen; dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt.
Was fehlt, ist ein Passus, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte einen Untätigkeitsantrag stellen können, wenn beispielsweise keine Entscheidung zu Ihrem Widerspruch erfolgt.
Fraglich ist hier, was Sie dann tun können. Es wäre ggf. zu überlegen, ob Sie nicht einen Antrag basierend auf dem allgemeinen Verwaltungsrecht bei Gericht stellen können. Da dies aber rechtlich noch schwer einzuschätzen ist, sollten Sie sich ggf. hierzu anwaltlich beraten lassen und eine Strategie gemeinsam mit Ihrer Anwältin entwickeln. Auch hierfür wird die Dienststelle die Kosten tragen müssen.
Fazit
Rechtsfolgen bei mangelhafter Beteiligung wurden in NRW vorbildlich geregelt
Das Interessante an der Reform in NRW ist aus meiner Sicht, dass hier der Gesetzgeber eine Sanktion eingeführt hat, wenn Sie als Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt werden.
In diesem Beitrag habe ich Ihnen die Rechtsfolgen bei einer Diskriminierung, die Rechte der Beschäftigten und die Arbeitgeberpflichten zusammengefasst, sodass Sie nunmehr umfassend zum AGG beraten können.
Ist es zu einer mittelbaren oder auch unmittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts oder eines der weiteren Merkmale nach § 1 AGG gekommen, treten verschiedene Rechtsfolgen ein, die Sie sich merken sollten.
Gemäß § 7 AGG sind geschlossene Vereinbarungen oder auch Verträge, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, nichtig. In der Praxis finden diese also keine Anwendung mehr. Das gilt übrigens auch für Dienstvereinbarungen, deren Klauseln gegen das AGG verstoßen. Weitere Rechte, die die Beschäftigten wahrnehmen können, finden sich in anderen Normen.
Wenn Beschäftigte (sexuell) belästigt werden, so sieht § 14 AGG ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht vor. Dies allerdings nur dann, wenn der Arbeitgeber keine hinreichenden Maßnahmen oder gar keine Maßnahmen ergriffen hat, um die Belästigung oder auch sexuelle Belästigung zu verhindern bzw. zu unterbinden.
Meine Empfehlung
Maßnahmen überprüfen
Überprüfen Sie stets, welche Maßnahmen ergriffen werden, wenn Kolleginnen belästigt oder sexuell belästigt werden. Nur angemessene Maßnahmen können die Kolleginnen schützen.
Wenn die Leistung allerdings zu Unrecht verweigert wird, der Arbeitgeber also angemessene Maßnahmen getroffen hat und Beschäftigte dennoch die Leistung verweigern, kann dies wegen der damit verbundenen Arbeitsverweigerung zu einer fristlosen Kündigung führen. Hier ist also Vorsicht geboten. Weisen Sie Ihre Kolleginnen in Beratungen auch darauf hin.
Beschäftigte können sich gemäß § 13 AGG bei der zuständigen Stelle beschweren. Hierzu ist es notwendig, dass die Beschäftigten genau schildern, wann welche Diskriminierung stattgefunden hat, damit eine solche Beschwerde dann auch von der Beschwerdestelle überprüft werden kann.
Die Beschwerdestelle (anders genannt auch: Ansprechperson für Beschwerden oder auch AGG-Beauftragte) bereitet eine Entscheidung über die Beschwerde vor und hilft dieser ab oder stellt ggf. fest, dass keine Diskriminierung vorlag. Erkundigen Sie sich einmal in Ihrem Haus, wer die Beschwerdestelle im Sinne des AGG ist. Selbstverständlich können Sie das Thema „fehlende Beschwerdestelle“ auch persönlich ansprechen.
Meine Empfehlung
Arbeitgeber auf die Einrichtung einer Beschwerdestelle hinweisen
In Seminaren zum AGG wird mir immer wieder erzählt, dass in vielen Institutionen noch keine Beschwerdestelle eingerichtet ist. Sie als Gleichstellungsbeauftragte können hier tätig werden und den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass eine Beschwerdestelle einzurichten bzw. eine Ansprechperson zu benennen ist, an die sich Beschäftigte mit einer Beschwerde wenden können. Nutzen Sie hierfür Ihr Initiativrecht.
Muster-Schreiben: Einrichtung einer Beschwerdestelle
Neben der Möglichkeit, eine Beschwerde nach § 13 AGG einzureichen, können Beschäftigte, wenn sie diskriminiert worden sind, nach § 15 AGG gegen den Arbeitgeber Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche geltend machen.
Der Arbeitgeber muss den Schaden, der tatsächlich durch die Diskriminierung entstanden ist, ersetzen. In der Regel wird dieser bei einer Neueinstellung lediglich die Portokosten und ggf. Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch umfassen. Bei einer Beförderung wird es dann ernster: Als Schadenersatz muss Ihr Arbeitgeber der übergangenen Kollegin oder dem Kollegen die Entgeltdifferenz zwischen dem bisherigen und angestrebten Gehalt zahlen.
Neben Schadenersatzansprüchen können aber gemäß § 15 Abs. 2 AGG auch Entschädigungsansprüche wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts geltend gemacht werden. Diese Entschädigungsansprüche sind im Prinzip so etwas Ähnliches wie ein Schmerzensgeldanspruch.
Sowohl die Schadenersatz- als auch Entschädigungsansprüche gemäß § 15 Abs. 1 und 2 AGG müssen innerhalb von 2 Monaten ab Kenntnis der Diskriminierung beim Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Schriftlich heißt hier tatsächlich per Hand unterschrieben oder mit einer qualifizierten Signatur unterzeichnet.
Meine Empfehlung
Auf Fristen hinweisen
Weisen Sie Beschäftigte unbedingt immer darauf hin, dass es die 2-Monats-Frist gibt und diese streng einzuhalten ist. Ansonsten gehen die Beschäftigten leer aus.
Entschädigungsansprüche müssen von Tarifbeschäftigten dann innerhalb von weiteren 3 Monaten arbeitsgerichtlich eingeklagt werden. Dies ergibt sich aus § 61b Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Beamtinnen und Beamte müssen vorher den ablehnenden Bescheid angreifen und könnten erst danach Klage einreichen.
Meine Empfehlung
Gesetzestext veröffentlichen
Weisen Sie den Arbeitgeber darauf hin, dass er den Text des § 61b ArbGG – ggf. am Schwarzen Brett – zu veröffentlichen hat, da Beschäftigte von dieser Frist auch tatsächlich Kenntnis haben sollen.
Welche das sind, habe ich Ihnen in der folgenden Übersicht zusammengestellt:
Wenn Ihr Arbeitgeber Beschäftigte und insbesondere Führungskräfte zum AGG schult, dann kommt er seiner Präventionspflicht nach dem AGG nach. Sie können Ihr Initiativrecht nutzen und eine solche Schulung anregen. Hierzu können Sie das folgende Muster-Schreiben nutzen:
Muster-Schreiben: Schulungen nach dem AGG
Meine Empfehlung
AGG veröffentlicht?
Prüfen Sie, ob in Ihrer Dienststelle das AGG veröffentlicht ist. Wenn nicht, weisen Sie Ihren Arbeitgeber darauf hin!
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